Außerordentliche Kündigung bei Diebstahl

Das Bundesarbeitsgericht scheint eine Trendwende bei außerordentlicher Kündigung wegen Diebstählen zu vollziehen: Nicht jeder Fall von Diebstahl führt zu einer außerordentlichen Kündigung. Die Abwägung der Umstände wird wieder stärker berücksichtigt. als in den letzten Jahren.

Bisherige Rechtslage: Auch Bagatelldiebstähle führen zu Außerordentlicher Kündigung

Noch bis vor kurzem wurde judiziert, dass bei Bagatelldiebstählen auch langjähriger Mitarbeiter  durchweg das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber als vollständig zerrüttet angesehen wurde.

So ist der im Jahr 2009 vor dem ArbGericht Lörrach verhandelte Fall wegen fristloser Kündigung wegen Diebstahls von sechs Maultaschen allseits in Erinnerung (ArbG Lörrach Urteil vom 16.10.2009, 4 Ca 248/09): Eine Altenpflegerin hatte sechs Maultaschen mitgenommen, die von den Bewohnern nicht mehr gegessen worden waren und damit hätten weggeworfen werden müssen.

Ähnlich das ArbG Neunkirchen: Eine Mitarbeiterin hatte sichein Omelette zubereitet und ein Brötchen mitgenommen. Trotz einer siebenjährigen Beschäftigungsdauer wurde sie fristlos gekündigt (ArbG Neunkirchen, Urteil vom 12.10.2011, Az.: 2 Ca 856/11)

Noch krasser waren Fälle, bei dem ein Arbeitnehmer sein Handy per Strom auflud. Schaden: satte 0,0014 Cent oder der Müllabfuhrmitarbeiter, der ein Kinderbett mitnahm, obwohl dies weggeworfen werden wollte.

Trendwende: Der Fall Emmely

Die Trendwende wurde bundesweit bekannt als Fall Emmely: Eine langjährige Mitarbeiterin hatte Pfandbons im Wert von 1,30 € entwendet und  wurde deswegen gekündig. Die Untergerichte hielten die Kündigungen für gerechtfertigt: ArbG. Das BAG in Erfurt sah die außerordentliche Kündigung nicht als gerechtfertigt an. (2 AZR 3/83; NJW 1985, 284-285; NZA 1985, 91; DB 1984, 2702). Die Arbeitnehmerin ist weiterhin glücklich bei ihrem alten Arbeitgeber, wenn auch in einer anderen Filiale, beschäftigt.

Und das Arbeitgericht Hamburg führt diese Linie fort (ArbG Hamburg, Az. 27 Ca 87/15):

Eine Krankenschwester, seit nahezu 23 Jahre in einem Krankenhaus in Hamburg beschäftigt war hatte acht halbe belegte Brötchen gegessen, von denen sie wusste, dass sie für andere Mitarbeiter bestimmt waren. Zur Rede gestellt, gab sie dies umgehend zu. Die außerordentliche Kündigung kassierte das Arbeitsgericht, weil die Mitarbeiterin eben nicht das Vertrauensverhältnis zerstört hätte.

Folgen hieraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Sollten Sie als Arbeitnehmer wegen eines Vergehens außerordentlich gekündigt werden, sollten Sie unbedingt Kündigungsschutzklage erheben. Schon um eine Sperrfrist vor dem Jobcenter zu vermeiden macht dies Sinn.

Als Arbeitgeber sollten Sie auf jeden Fall vor dem Ausspruch von außerordentlichen Kündigungen Rechtsrat einholen. Eventuell muss vor einer außerordentlichen Kündigung noch eine Abmahnung erklärt werden.

In beiden Fällen lohnt sich der Griff zum Telefon. Wir helfen weiter!